Chinas Politikprozess: Innovationsfähigkeit der chinesischen Industrie- und Technologiepolitik (Universität Trier)

Die Volksrepublik China wird zunehmend als Industrie- und Technologiemacht wahrgenommen, die eine ernsthafte Konkurrenz für die alten Industriestaaten des Westens darstellt. Seit Beginn der chinesischen Wirtschaftsreformen 1978 lässt sich eine kontinuierliche Entwicklung Chinas von einem reinen Abnehmer hin zu einem mächtigen Anbieter von Industrieerzeugnissen und Technologien auf dem Weltmarkt beobachten. Das Verständnis der politischen Voraussetzungen und Beschränkungen des chinesischen Aufstiegs auf diesen zentralen Feldern aber ist nur gering.

 

Unter der Leitung von Professor Sebastian Heilmann forscht ein vierköpfiges Team (Assoziierter: Dr. Dirk Schmidt) zu den Prozessen industrie- und technologiepolitischer Innovation seit Beginn der chinesischen Wirtschaftsreformen. Im Mittelpunkt stehen zum einen Fragen des Politiktransfers aus Ostasien innerhalb dieser Politikfelder. Zum anderen untersucht das Team dort eine besondere Methode des „Policy-Making“, also der Art und Weise, wie neue politische Handlungsprogramme in China entwickelt, formuliert, umgesetzt und wieder revidiert werden. Für Verlauf und Erfolg der chinesischen Wirtschaftsreformen außerordentlich bedeutsam ist ein Prozess des dezentralen politischen Experimentierens innerhalb zentral festgelegter Zielvorgaben. Das weit gespannte Spektrum an lokalen Förderinstrumenten und Organisationsmustern, das aus einem solchen experimentierenden Prozess in einem so vielgestaltigen Land wie China hervorgeht, erlaubt der chinesischen Wirtschaftspolitik immer wieder den Rückgriff auf eine Vielzahl alternativer Politik-Optionen, um auf sich ändernde Markt- und Wettbewerbsbedingungen zu reagieren.

 

Da Chinas Reformmodell in anderen Entwicklungs- und Schwellenländern inzwischen häufig als Gegenentwurf zu der marktwirtschaftlichen Demokratie diskutiert wird, welche die Europäische Union und die Vereinigten Staaten zur Lösung von Entwicklungsproblemen vertreten, besitzt die Erforschung dieses besonderen chinesischen Politikprozesses unmittelbare politisch-praktische Wichtigkeit. Das Projekt soll nicht nur einen Beitrag zum Verständnis der Erfolge Chinas in den Bereichen Industrie- und Technologieförderung leisten, sondern auch die konkreten Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft und Politik auf umkämpften Feldern wie Antriebstechnologien, Umwelttechnik und Hochgeschwindigkeitszügen verdeutlichen.